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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Klimasimulation des AIT für "Zukunft Linz"

26.09.2024
Hochauflösende Klimasimulationen des AIT ermöglichen einzigartige Einblicke und den Aufbau eines Mikroklimamessnetzes in Linz

Klimaneutralitätskonzept für eine klimaneutrale Industriestadt 2040 große Schritte in der Linzer Klimaarbeit gesetzt. Teil davon ist, dass der Linzer Gemeinderat bereits 2021 die Abteilung Stadtklimatologie und Umwelt mit dem Aufbau eines meteorologischen Messnetzes beauftragt hat. Damit soll die Datengrundlage zum Stadtklima verbessert werden und ein flächendeckenderes Monitoring klimatologischer Indikatoren (z.B. Hitzetage und Tropennächte) ermöglicht werden. 

Die wissenschaftliche Studie und die Simulationen wurden vom AIT Austrian Institute of Technology durchgeführt. Die dabei entwickelten Simulationen bieten eine einzigartige Datengrundlage und beispiellose Detailtiefe, die wertvolle Informationen für die Stadtentwicklung, Klimaanpassung und Verbesserung der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger liefern kann. Darauf aufbauend ist die Einrichtung eines mikroklimatischen Messnetzes von entscheidender Bedeutung, um die Hitzebelastung in Linz besser zu verstehen, gezielte Maßnahmen zur Klimaanpassung zu ergreifen und Mikroklimasimulationen weiter zu evaluieren. 

Wissenschaftliche Studie und die Simulationen des AIT bieten einzigartige Datengrundlage

„Die detaillierten Simulationen bilden das Mikroklima der Stadt in einer Auflösung von bis zu 5 x 5 Quadratmetern ab. Diese Daten ermöglichen es, die Auswirkungen von Bebauung, Grünflächen und anderen Faktoren auf die Temperatur und Luftzirkulation in den verschiedenen Stadtteilen genau zu analysieren“ so Dr. Johannes Horak, Abteilungsleiter der Stadtklimatologie und Umwelt der Stadt Linz.

Ein weiterer zentraler Aspekt des Projekts ist die Identifikation optimaler Standorte für ein städtisches Mikroklimamessnetz. Durch die Kombination der Simulationsergebnisse mit detaillierten Daten zu städtischen Strukturen wurden 50 potenzielle Standorte für meteorologische Messstationen ausgewählt, um langfristig eine flächendeckende Überwachung des Stadtklimas zu ermöglichen. 

„Die hochauflösenden Simulationen liefern uns wertvolle Erkenntnisse, um die komplexen städtischen Klimaphänomene besser zu verstehen und gezielte Anpassungsstrategien zu entwickeln“, erklärt Dr.in Marianne Bügelmayer-Blaschek, Expertin für Klimafolgenforschung und Projektleiterin des AIT.

Methode ermöglicht präzise Klimasimulationen und Mikroklimamodellierung

Die Simulationen mit PALM-4U (Parallelized Large-Eddy-Simulation Model for Urban Applications) erzeugten eine Fülle von Daten, die weit über die bisher verfügbaren Informationen zum städtischen Mikroklima hinausgehen. Die Analyse der maximalen Lufttemperatur in 2 Metern Höhe zeigt deutlich höhere Temperaturen in versiegelten Gebieten sowie auf Straßen und Brücken. Dank der hohen Auflösung von bis zu 5 Metern wird auch der lokale Abkühlungseffekt grüner Innenhöfe und Parks in der Innenstadt sichtbar. 

Zudem zeigt sich eine klare Temperaturabnahme mit zunehmender Höhe, geringerer Bebauung und vorhandenen Grünflächen. Besonders deutlich treten auch die Unterschiede zwischen Straßenraum und Dachniveau hervor. Während Dächer großen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, verbleiben insbesondere die Straßenräume abseits von Grünflächen während sommerlicher Hitzeperioden auf hohem Temperaturniveau. Die exemplarisch dargestellten Ergebnisse repräsentieren jedoch nur einen kleinen Teil der möglichen Auswertungen.

Ein weiterer relevanter Aspekt für den sommerlichen Komfort in der Stadt ist der Kaltlufthaushalt. Hierfür wurden verschiedene Parameter betrachtet, wobei in PALM-4U die Volumenstromdichte ausgewählt wurde. Dieser Parameter zeigt, welches Luftvolumen pro Sekunde durch ein imaginäres „Tor“ von 1 Meter Breite und 50 Meter Höhe strömt. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass im Norden der Stadt die Kaltluft, die an den unbebauten Hängen entsteht, beispielsweise über Gräben wie den Haselgraben, den Dießenleitengraben, aber auch entlang der Altenbergerstraße oder von Außer- und Mittertreffling kommend in Richtung Stadt strömt. Bei nordwestlicher Windrichtung wird zudem kühle Luft über die Donau bis ins Stadtzentrum transportiert. Im Süden profitieren die Stadtteile Ebelsberg, Neue Heimat, Kleinmünchen und Bindermichel-Keferfeld aufgrund ihrer lockeren Bebauung und zahlreichen Grünflächen vom Kaltlufthaushalt. 

Aufgrund der sehr kleinräumigen Struktur und der hohen Bevölkerungsdichte wurden die statistischen Bezirke Innere Stadt, Franckviertel, Bulgariplatzviertel, Teile des Kaplanhofviertels sowie angrenzende Stadtteile zusätzlich mit einer noch höheren Auflösung von 5 x 5 m2 simuliert. Weiters können die hochaufgelösten Simulationen als Basis eines Mikroklimamonitorings im Pionierstadtprojekt „Linz mit Ambitio3xn“ dienen.

Auswahl der Standorte für das Messnetz 

Die Auswahl der optimalen Standorte erfolgte in einem mehrstufigen Prozess. Zunächst wurden Local Climate Zones (LCZ) bestimmt, um die Linzer Stadtregion nach objektiven Bebauungskriterien zu charakterisieren. Diese Klassifizierung ermöglicht es, unterschiedliche städtische Strukturen und deren spezifische klimatische Eigenschaften zu identifizieren. Parallel wurde ein repräsentativer Sommertag mit dem hochentwickelten Simulationsmodell PALM-4U simuliert. Dieses Modell lieferte für Linz hochaufgelöste Daten (räumlich: 5 x 5 m2 sowie 10 x 10 m2) und ermöglicht eine detaillierte Analyse des städtischen Mikroklimas.

Auf Basis definierter Standortkriterien wurden die Simulationsergebnisse mit den LCZ kombiniert, um jene Regionen zu identifizieren, die sich besonders für Messungen eignen. Diese wurden schließlich mit möglichen Standorten, beispielsweise Betonmasten oder städtischen Gebäuden, verschränkt. Schließlich erfolgte ein Austausch mit Herstellern von Messgeräten, um Empfehlungen zu geeigneten Messgeräten abzuleiten und die technischen Anforderungen des Messnetzes zu optimieren.

Aufbau eines mikroklimatischen Messnetzes

Diese detaillierten Erkenntnisse flossen direkt in die Standortauswahl für das Messnetz ein. Insgesamt wurden 50 mögliche Standorte identifiziert, die es ermöglichen, das städtische Mikroklima präzise zu überwachen. Die zugrunde liegenden Datensätze stehen der Stadt Linz zur Verfügung, und die erarbeitete Methodik wurde im Endbericht dokumentiert. Dies ermöglicht es der Stadt Linz, künftig selbstständig zusätzliche Standorte zu identifizieren und das Messnetz flexibel zu erweitern. Die Einrichtung eines mikroklimatischen Messnetzes ist von entscheidender Bedeutung, um die Hitzebelastung in Linz besser zu verstehen, gezielte Maßnahmen zur Klimaanpassung zu ergreifen und Mikroklimasimulationen weiter zu evaluieren. 

Projektbericht und Pressebilder

Der Projektbericht, die Ergebniskarten und weitere Informationen stehen hier zum Download zur Verfügung.