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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Integrativer Struktur­leichtbau

Forschungsbereich 1 – Hochleistungswerkstoffe 

Dieser Forschungsbereich beschäftigt sich mit dem Thema neuer Hochleistungswerkstoffe, wobei hier die beiden Scherpunkte „Zielgerichtete Entwicklung von High Entropy Light Alloys zur Performancesteigerung von Einsatzbauteilen oder -gruppen im industriellen Umfeld“ und „Entwicklung innovativer Al/Mg-Werkstoffsysteme für performante Anwendungen mit Unterstützung virtueller Entwicklungsmethoden“ detailierter vorgestellt werden sollen. 

Zielgerichtete Entwicklung von High Entropy Light Alloys zur Performancesteigerung von Einsatzbauteilen oder -gruppen im industriellen Umfeld

Klassische Ansätze zur Konzeptionierung von Metalllegierungen verwenden stets ein, maximal zwei Elemente als dominanten Bestandteil. Zusätzliche Legierungselemente werden dort eingesetzt, um entweder Ausscheidungen zu erzwingen, oder das Grundmaterial durch „leichte“ Störungen (Mischkristallhärtung) gegen mechanische Beanspruchungen zu stärken.

Die Grundidee hinter High Entropy Alloys (HEAs) ist es, durch Legieren von gezielt aufeinander abgestimmten Elementen in annähernd gleichen Fraktionen die Einschränkungen aus dem Kristallaufbau klassischer Metalllegierungen zu überwinden. Aus diesem Ansatz ergibt sich eine hohe sogenannte Konfigurations-Entropie, welche die beteiligten Elemente – im Gegensatz zum Verhalten klassischer Legierungen aus z.B. Aluminium oder Eisen (Stahl) – wieder in ein einziges, simples, aber verzerrtes Kristallgitter zwingt.Im vorliegenden Projekt wird ein ganzheitlicher Forschungsansatz, bestehend aus:

  • thermodynamischer Modellentwicklung, 
  • atomistischer Simulation (ab initio DFT-Simulation) und 
  • experimenteller Legierungsherstellung sowie -charakterisierung 

verfolgt. Zentraler Inhalt des Projektes ist es, das Konzept der High Entropy Alloys in den Bereich niedriger Dichten, also im „Konkurrenzbereich“ von Aluminium-, Titan-, und Magnesiumlegierungen, sowohl theoretisch als auch experimentell zu überführen. Die internationale Forschungslandschaft ist größtenteils fokussiert auf Legierungen in den Regimen der Stahl- und Nickelbasislegierungen. Ernsthafte Anstrengungen im Bereich der Leichtmetalle, welche gleichzeitig aus physikalischer Sicht das HEA-Konzept vor größere Hürden stellen als die im Stahl vorhandenen Übergangsmetalle, sind gegenwärtig nicht vorhanden.

Ziel der thermodynamischen Modellentwicklung ist es, basierend auf fundamentalen und verfügbaren physikalischen Parametern, wie z.B. der intermetallischen Bildungsentropie binärer intermetallischer Verbindungen, die Stabilität von möglichen High Entropy-Legierungen frei wählbarer Komposition vorherzusagen. Langfristig soll auch der Grenzbereich zwischen HEA- und klassischen Legierungen, dh HEA-Legierungen mit möglichst wenigen Elementen, zugänglich gemacht werden, da hier die größte industriell-technologische Relevanz zu erwarten ist.

Die experimentellen Anstrengungen verfolgen zweierlei Ziele: erstens, die erfolgreiche Herstellung von HEA-basierten Legierungen im Dichtebereich < 5 g/cm³, unter Verwendung rein experimenteller Laboröfen mit maximaler Kontrolle über alle Einflussparameter (Temperatur, Druck, Abkühlgeschwindigkeit…). Zweitens sollen die so dargestellten Legierungen mithilfe der am LKR verfügbaren, semi-industriellen Gießanlagen erfolgreich hergestellt werden. 

Die atomistische ab initio Simulation ist ein mächtiges Werkzeug zur physikalisch konvergenten Korrelation von Legierungskonzepten mit dem realen Verhalten der einzelnen Atome. Im vorliegenden Projekt soll hier eine Synergie mit den thermodynamischen Modellierungen und experimentellen Anstrengungen erreicht werden, da makroskopisch bewiesene Simulationsdatenbanken in den anvisierten Legierungsbereichen bis dato nicht verfügbar sind.

Entwicklung innovativer Al/Mg-Werkstoffsysteme für performante Anwendungen mit Unterstützung virtueller Entwicklungsmethoden

In laufenden Projekt wird an der Entwicklung von hochperformanten Aluminium- und Magnesiumlegierungen für mobile Anwendungen wie beispielsweise Kraftfahrzeugen und Flugzeugen gearbeitet. 

Ziel der Entwicklungen ist es, der Industrie Werkstoffe zur Verfügung zu stellen, welche es durch ihre speziellen Eigenschaften wie beispielsweise deren hohe spezifische Festigkeit bei gleichzeitig guten Umformeigenschaften erlauben, zukünftige Fahrzeuggenerationen noch leichter zu gestalten. Das Thema Leichtbau ist insbesondere Aufgrund der hohen Anforderungen bezüglich Effizienz und CO2-Einsparungen bei Fahrzeugen aktueller denn je und die möglichen Einsatzgebiete der entwickelten Werkstoffe erstrecken sich von Strukturbauteilen über Batteriegehäuse bis hin zu Karosserieanwendungen. 

Im Bereich der Aluminiumlegierungen liegt der Fokus auf der Entwicklung von hochfesten Legierungssystemen insbesondere für Flugzeuge, welche eine kostengünstige Alternative für das aktuelle Al-Sc-System dienen sollen. Damit will man den Wunsch der Flugzeugindustrie erfüllen, die Gesamtzahl der zur Anwendung kommenden Werkstoffe zu reduzieren, um Kosten bei der Herstellung zu sparen.   

brennende Mg-Probe bei Brandtest

Offizieller FAA Brandtest

Im Bereich der Magnesiumentwicklung ist die Weiterentwicklung von Magnesiumlegierungen mit besonders guten Verarbeitungseigenschaften für Umformprozesse wie bspw. Strangpressen ein wesentliches Thema. Das Konzept basiert auf der Kombination eines mageren Legierungsanteils zu Gunsten einer einfachen Prozessierbarkeit, mit der anschließenden Möglichkeit einer Festigkeitssteigerung durch Warmaushärtung nach der Umformung. Dadurch sollen vor allem Anwendungen, welche derzeit noch aus Aluminium bestehen, durch den leichteren Werkstoff Magnesium ersetzt werden können. Anwendungen sind dabei sowohl in der Elektromobilität wie auch im konventionellen Fahrzeugbau zu finden. 

Abgeschmolzene Probe nach erfolgreich bestandenem Test

Abgeschmolzene Probe nach erfolgreich bestandenem Test

Ein weiteres Thema beschäftigt sich mit der Entwicklung von brandbeständigen Magnesiumlegierungen für den Einsatz in zivilen Luftfahrzeugen. Aktuelle Legierungen können die hohen Anforderungen der Luftfahrtbehörden nicht erfüllen oder sind nicht wirtschaftlich einzusetzen – daher ist das Ziel dieser Entwicklungen, den Luftfahrtzulieferern einen Werkstoff zur Verfügung zu stellen, welcher die gestellten Anforderungen auch ohne den Einsatz von teuren Legierungselementen oder kostenaufwändigen Verfahren erlaubt. 

Projekttyp: Kofinanzierte Forschung (EFRE)

Projektleiter: DI (FH) Hubert Grün (Leichtmetallkompetenzzentrum Ranshofen GmbH)

Laufzeit: 01.09.2015-31.12.2020