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Symbolfoto: Das AIT ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung

Formulierungen und Coatings

Pflanzenschutz in der Intensivlandwirtschaft ist unverzichtbar, zumal die Weltbevölkerung stetig wächst und 2050 neun Millionen Menschen erreichen soll. Zunehmende Gesundheits- und Umweltbedenken (Klimawandel) sowie stark steigende rechtliche Vorgaben und Kosten, um neue Wirkstoffe auf den Markt zu bringen, verschieben Innovationen von synthetischen zu biologischen Pflanzenschutzmitteln. Mikrobielle Dünger und Mittel zur Biokontrolle sind vielversprechende Alternativen zu Agrochemikalien in nachhaltiger Landwirtschaft. Allerdings ist das Fehlen effizienter mikrobieller Formulierungen eine maßgebliche Einschränkung für ihre erfolgreiche Anwendung auf dem Feld.

Wir stellen uns dieser Herausforderung und entwickeln vornehmlich neue und vollständig im Boden abbaubare biologische Lösungen – mikrobielle Saatgutbeschichtungen und Granulate, mikrobielle Sprühformulierungen, verkapselte Pflanzenextrakte und Coatings mit verzögerter/kontrollierter Freisetzung – für Pflanzkulturen wie Mais und Weizen. Wir verfügen über die Expertise und die technischen Möglichkeiten, die bestgeeignete Formulierungsstrategie und -technologie zu ermitteln und den Wirkstoff so zu beschichten oder einzuschließen, dass er gegen widrigste Umstände (Hitze, UV, Feuchte) gut geschützt ist und zur richtigen Zeit am richtigen Ort freigesetzt wird.

Wir arbeiten mit GRAS Materialien, vor allem mit Cellulose, Stärke, Lignin und verschiedenen Gummiharzen und industrie-relevanten Geräten im Labormaßstab (Rotations-, Wirbelschichtcoater und Granulator).

Formulierung gramnegativer Bakterien

Unser Forschungsschwerpunkt liegt auf nicht Sporen bildenden gramnegativen Bakterien und ihrem Formulierungsprozess, um das Leistungsvermögen insgesamt und die Lagerfähigkeit in trockenem Zustand entscheidend zu verbessern. Die wissenschaftliche Herausforderung dabei ist es, die Reaktionen von Mikroorganismen auf vielerlei Faktoren aufzuklären. Zu diesen gehören Eigenschaften der verwendeten Materialien sowie der Formulierungsprozess selbst und die Bedingungen der Bearbeitung und Lagerung. Weiters ermitteln wir die treibenden Faktoren, die die Stabilität der Mikroorganismen (Zellzahl, Haltbarkeit, Stoffwechsel) oder allgemein des Wirkstoffs, die Effizienz (Austrieb, Eindringungsvermögen in die Pflanze) und die Funktion (Freisetzungsverhalten) beeinflussen. Trockenstress ist ein wichtiger Aspekt, dem mit einer Kombination an schützenden Zusatzstoffen aber auch mit spezieller Vorbehandlung der Bakterien entgegengetreten werden kann.

Stabilität mikrobieller Formulierungen

Oft ist die mikrobielle Lebensfähigkeit nach dem Trocknen um mindestens 10*1 CFU/mL reduziert, bei gramnegativen Bakterien ist diese Reduktion mit durchschnittlich  10*2-10*3 CFU/mL noch dramatischer. Neben der Auswahl geeigneter Materialien mit ausgeprägt positiven Eigenschaften sind der Formulierungsprozess selbst und Umwelteinflüsse während der Beschichtung und Lagerung von maßgeblicher Bedeutung. Tatsächlich ist die Stabilität von mikrobiellen Formulierungen von mehrfachen Faktoren abhängig. Einige wurden bereits mit Blick auf Zellzahl und Lagerung untersucht, insgesamt fehlt aber eine systematische Untersuchung der komplexen Wechselwirkungen zwischen Saatgut bzw. Blattoberfläche und rhizobieller Zellbiologie mit den verwendeten Materialien und deren chemischen und physikalischen Eigenschaften. Bei Sprühformulierungen muss die Formulierungsentwicklung auch den Sprühprozess bzw. die erfolgreiche Aufbringung auf der Pflanzenoberfläche (Impakt des Tropfens, Adhesion, Biofilmbildung) sowie die Stabilität der Mikroorganismen nach wiederholtem Trocknen und Rückfeuchten während eines Tages berücksichtigen. Letztere kann in einer ersten Näherung mittels Klimakammer bei unterschiedlichen Temperaturen und Luftfeuchten bestimmt werden.

Charakterisierung von Formulierungen

Biologische Formulierungen bestehen aus mehreren Komponenten. Dazu gehören Sticker, Feuchthaltemittel, Füllmaterialien, Schutzstoffe. Diese müssen sowohl physikalische Kriterien wie Suspensionsstabilität bei unterschiedlichen Temperaturen, geringer Abrieb, gute Regenfestigkeit wie auch biologische Kriterien erfüllen, wobei die Aktivität der Mikroorganismen bzw. des Wirkstoffs im Vordergrund stehen.

Wir charakterisieren Formulierungen wie auch die formulierten Produkte unter Einbezug von physikalischen und biologischen Daten um schlussendlich in Pflanzenassays oder am Feld die Wirksamkeit jener Formulierungen zu untersuchen, die die oben genannten Kriterien am besten erfüllen.