Die Digitalisierung der Straßeninfrastruktur ist Voraussetzung für vielfältige Aufgabenstellungen. Dabei geht es um die Überführung der Straßeninfrastruktur in ein 3D-Modell, das einerseits eine hohe geometrische Genauigkeit aufweisen muss, aber genauso auch detaillierte semantische Informationen über die im Modell enthaltenen Objekte und ihre Eigenschaften. Ein Anwendungsfall für diesen „digitalen Zwilling“ der Straße ist im Folgenden beschrieben.
Autonome, elektrisch betriebene Shuttlebusse werden zukünftig helfen, die sogenannte „letzte Meile“ im ÖPNV-Netz effizient zu bedienen. Vor deren Einführung muss in einer Simulationsumgebung der sichere Betrieb überprüft sowie die Routenführung optimiert werden. Im Rahmen des von BMK und FFG geförderten Projekts Digibus® Austria haben Forscherinnen und Forscher des AIT Austrian Institute of Technology GmbH in Kooperation mit Prisma Solutions, Virtual Vehicle GmbH und Salzburg Research eine digitale Simulationsumgebung für einen autonomen Shuttlebus entwickelt.
Mit dem rollenden Labor RoadSTAR wurde die Straßeninfrastruktur der ca. zwei Kilometer langen Bus-Erprobungsstrecke im Gemeindegebiet von Koppl (Salzburg) erfasst und digitalisiert. Dabei kamen Laserscanner und digitale Kamerasysteme zum Einsatz. Die Erfassung erfolgte zeitsparend im fließenden Verkehr, ohne Beeinträchtigung anderer Verkehrsteilnehmenden. Im Vergleich zur herkömmlichen Vermessung bietet die Befahrung mit Laserscannern erhebliche Zeitvorteile, aber auch eine wesentlich vollständigere Erfassung des Straßenkorridors. Aus der generierten 3D-Punktwolke wurde ein hochgenaues Modell des Straßenraums mit Fahrbahn, Gehsteig, Bodenmarkierungen, Verkehrszeichen, Straßenlaternen etc. extrahiert. Dieses Modell der Straßeninfrastruktur wurde nach weiteren Konvertierungsschritten als Grundlage für die Simulation der Bus-Fahrmanöver verwendet.
Von der Punktwolke zur HD Map
Durch die Simulation konnten verschiedene Fahrmanöver des Shuttle-Bus optimiert werden. Die in der Simulation ermittelte optimierte Bus-Fahrlinie wurde auf den echten Bus übertragen, der dann im Rahmen einer Realerprobung nach dieser optimierten Fahrlinie navigiert hat.
In der abschließenden Validierung der Lagegenauigkeit konnte gezeigt werden, dass der Digital Twin höchste Anforderungen erfüllt, die an sogenannte High Definition Maps (HD Maps) für autonome Fahrzeuge gestellt werden. Es konnte eine absolute Lagegenauigkeit von unter zehn Zentimetern ermittelt werden.
Im Projekt konnte bereits die Übertragung der Simulation auf den realen Testbetrieb des autonomen Shuttles sowie die Anwendung der HD Map demonstriert werden. Die Anwendungsmöglichkeiten des Digital Twin gehen aber weit darüber hinaus. Anwendungen ergeben sich bei Fahrbahnmodellen, die während der Fahrzeugentwicklung in der Fahrwerksoptimierung zum Einsatz kommen, bei der hochgenauen Bestandsdokumentation für das Asset Management von Straßenerhaltern sowie generell bei Anwendungen für Building Information Modeling (BIM) im Verkehrsinfrastrukturbereich.